Anlässlich des Internationalen Tags der Seeleute (International Day of the Seafarer) am 25. Juni 2024 fordert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Reeder und Schiffseigner auf, endlich für sichere Arbeitsbedingungen in der Schifffahrt zu sorgen. Zudem müssten die Hafenstaaten die Einhaltung der Regeln konsequenter überwachen. „Sicherheit in der Seeschifffahrt ist das oberste Gebot. Es kann aber nicht nur darum gehen, Tipps über sicheres Arbeiten an Bord auszutauschen, wie dies die IMO mit dem Hashtag #SafetyTipsAtSea und einer Fotokampagne in den sozialen Medien versucht. Die Sicherheit an Bord ist vor allem die Aufgabe der Reedereien und Schiffseigner – und die Überprüfung der Einhaltung aller Maßnahmen liegt auch in der Verantwortung der Hafenstaaten“, sagt André Scheer, für Schifffahrt zuständiger Gewerkschaftssekretär bei ver.di.
Am Internationalen Tag der Seeleute wird traditionell auf die Lage der Beschäftigten an Bord aufmerksam gemacht. In diesem Jahr hat die Internationale Maritime Organisation (IMO) – die UN-Fachorganisation für die Schifffahrt – das Thema Sicherheit am Arbeitsplatz als zentrales Thema ausgewählt.
Nach Angaben der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF), der auch ver.di angehört, sind im vergangenen Jahr so viele Fälle von Im-Stich-Lassen von Seeleuten registriert worden wie nie zuvor. 129 Schiffe und fast 2.000 Seeleute seien von Reedereien und Schiffseignern aufgegeben worden, die Beschäftigten hätten oft über Monate keine Heuer (Gehalt) erhalten. Die Inspektoren der ITF konnten bei ihren Kontrollen die Auszahlung von insgesamt mehr als 57 Millionen US-Dollar an ausstehenden Heuern für Seeleute durchsetzen.
„Das Unterschlagen von Heuern, das Ignorieren von Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten, unzureichende Verpflegung sowie unwürdige und unsichere Arbeitsbedingungen sind keine Einzelfälle, sondern alarmierend häufig“, kritisiert Scheer. „Mitverantwortlich für die Situation an Bord sind nicht nur Reedereien und Schiffseigner, sondern auch die Empfänger der auf den Schiffen transportierten Waren“, erinnert der Gewerkschafter an das deutsche und europäische Lieferkettengesetz. 90 Prozent des weltweiten Güterverkehrs wird per Schiff abgewickelt. „Die Schifffahrt ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Lieferketten, die Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich auch auf diesen Part.“
Angesichts zunehmender geopolitischer Krisen fordert ver.di von den Reedereien eine verbindliche Zusage, Kriegs- und Krisengebiete zu meiden und das Recht der Seeleute, den Dienst in solchen Gebieten zu verweigern, zu respektieren. „Eine Militarisierung der zivilen Handelsrouten löst keine Probleme. Kriegsschiffe können Angriffe zurückschlagen oder rächen, aber sie schützen keine Menschenleben. Wir brauchen endlich ein globales Rückbesinnen auf Diplomatie und politische Lösungen, statt Krisen immer weiter eskalieren zu lassen“, so Scheer.
Auch die deutschen Behörden müssten aktiver werden, so der Gewerkschafter. „Wir stellen immer wieder fest, dass Seeleute dazu angehalten werden, die Ladung bereits dann zu entsichern, wenn das Schiff noch nicht den Hafen erreicht hat, oder sie erst dann zu sichern, wenn das Schiff schon abgelegt hat. Das ist gefährlich für die betroffenen Seeleute, für den Schiffsverkehr insgesamt, für die Häfen und für die Umwelt.“ ver.di fordert deshalb sicherzustellen, dass dieses Laschen durch qualifizierte Arbeiterinnen und Arbeiter in den Häfen vorgenommen wird, wie dies auch in Tarifverträgen und einschlägigen Vorschriften vorgesehen ist. „Bisher fühlt sich in Deutschland aber keine Behörde für die Kontrolle dieser Regel zuständig. Das muss sich schleunigst ändern.“
Jan Jurczyk
ver.di-Bundesvorstand
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