Die Textilkette H&M versucht in gleich drei Fällen, aktive Betriebsräte unter fadenscheinigen Begründungen zu kündigen, kritisiert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Einer der Betriebsräte, aus Tübingen, bekam gestern (20. Juni 2017) in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Reutlingen Recht (2 BV 1/17, siehe auch https://tinyurl.com/y8v8hcpq).
„Alle drei Fälle legen den Verdacht nahe, dass H&M besonders aktive Betriebsräte, die sich wirkungsvoll für die Interessen der Beschäftigten einsetzen, loswerden will und dass System hinter diesem Vorgehen steckt. Das ist ein Skandal, der zeigt, wie wenig H&M die Mitbestimmungsrechte achtet. Wir fordern das Unternehmen auf, von den Kündigungen sofort Abstand zu nehmen und Betriebsräte nicht mehr zu bekämpfen. Bei H&M klagen viele Beschäftigte über Kettenbefristungen oder Verträge, die nur wenige Stunden fest zusichern und jede Lebensplanung unmöglich machen. Umso wichtiger ist die Arbeit der Betriebsräte“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.
Zu den drei Fällen: Im November 2016 erging eine Kündigung gegen ein Betriebsratsmitglied einer Filiale in Leverkusen. Der Vorwurf, angebliche Selbstbeurlaubung, wurde ebenso wie die Kündigung vom Arbeitsgericht Solingen zurückgewiesen. H&M legte Beschwerde ein, das Verfahren in zweiter Instanz findet am 28. Juli 2017 vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf statt.
Im Januar 2017 erging eine Kündigung gegen den langjährigen Vorsitzenden des Betriebsrats der Filiale in Tübingen, der auch Mitglied des Gesamtbetriebsrats (GBR) ist. Nachdem H&M erfolglos versucht hatte, den Betriebsratsvorsitzenden in einem Vier-Augen-Gespräch zu einem Aufhebungsvertrag zu veranlassen, behauptete das Unternehmen, das Betriebsratsmitglied hätte Arbeitnehmerrechte zum Verkauf gestellt. In erster Instanz hat das Arbeitsgericht, wie oben erwähnt, dem Betriebsrat nun Recht gegeben.
Im Mai 2017 sprach H&M gegen den Betriebsratsvorsitzenden einer Bonner Filiale, ebenfalls Mitglied im Gesamtbetriebsrat, eine Kündigung aus. Der Vorwurf lautet auf angebliche Arbeitszeitmanipulation und Selbstbeurlaubung. Der Kammertermin findet am 12. September 2017 vor dem Arbeitsgericht Bonn statt.
Es ist nicht das erste Mal, dass H&M in dieser Form gegen aktive Betriebsräte vorgeht. 2011 versuchte das Unternehmen vergeblich, ein komplettes Betriebsratsgremium seines Amtes zu entheben, das sich engagiert für den Arbeits- und Gesundheitsschutz eingesetzt hatte. 2015 scheiterte das Unternehmen endgültig vor dem Bundesarbeitsgericht mit dem Versuch, ein verdientes Betriebsratsmitglied loszuwerden. Vorangegangen waren fünf versuchte Kündigungen (siehe auch https://tinyurl.com/y7m9ajxs).
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