Heute hat das Europäische Parlament mehrheitlich abgelehnt, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) prüfen zu lassen, ob ein Investitionsgericht, wie es im Kanadisch-Europäischen-Handelsvertrag (CETA) vorgesehen ist, in der EU rechtskonform ist. 419 Parlamentarierinnen und Parlamentarier stimmten dagegen, nur 258 dafür. Der Antrag auf Überprüfung der Investitionsgerichtsbarkeit war überparteilich von 89 Parlamentariern im EU-Parlament eingereicht worden. Dazu erklärt Frank Bsirske, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di):
„Es ist bedauerlich, dass das EU-Parlament nicht die Chance nutzt, sich selbst, aber auch den 28 Mitgliedsstaaten, Rechtssicherheit in Sachen Investitionsgerichtsbarkeit zu verschaffen. Im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung war angekündigt worden, dass nun die Stunde der Parlamente schlage. Das ist jetzt alles andere als eine Sternstunde des europäischen Parlamentarismus.“ Das Vorgehen sei bedauerlich und nur damit zu erklären, dass der CETA-Vertrag vorzeitig, noch vor Weihnachten, ratifiziert werden solle, so Bsirske. Ursprünglich war die Ratifizierung im Brüsseler Parlament im Februar vorgesehen. Mit einer vorgezogenen Entscheidung noch im Dezember könnte CETA bereits ab Januar 2017 vorläufig angewendet werden.
„Tragisch ist, dass diese weitreichende Entscheidung ohne eine ordentliche inhaltliche Debatte durch das Europäische Parlament stattgefunden hat. Ein EuGH-Urteil über die Rechtmäßigkeit eines Investitionsgerichts hätte Rechtssicherheit bei der Ratifizierung dieses Vertrages gegeben. Jetzt kommt es umso mehr darauf an, dass über das komplexe CETA-Vertragswerk eine ausführliche parlamentarische Beratung stattfindet. Eine schnelle Ratifikation käme nicht nur einer Selbstentmachtung des Europäischen Parlaments gleich, sondern kann zu folgenschweren Problemen führen, die sich anschließend kaum wieder rückgängig machen lassen“, sagte Bsirske.
ver.di begleitet den Prozess der CETA-Verhandlungen seit mittlerweile fünf Jahren kritisch und mit fachlicher Expertise. ver.di lehnt die Institution eines Investitionsgerichts und die damit eng verbundene Privilegierung ausländischer Investoren ab. Außerdem kritisiert die Gewerkschaft, dass die öffentliche Daseinsvorsorge im Vertrag nur lückenhaft geschützt ist sowie die fehlende Sanktionierbarkeit von Verstößen gegen Arbeitnehmerrechte, die fehlende Absicherung des Vorsorgeprinzips und die fehlende Garantie von Tarifverträ-gen im öffentlichen Beschaffungswesen. „Auch zuletzt von der Wallonie eingebrachte Änderungen im begleitenden Auslegungsinstrument des CETA-Abkommens ändern nichts an diesen Kritikpunkten, denn sie bleiben im Ver-tragstext von CETA weiterhin bestehen“, so Bsirske.
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Daniela Milutin
ver.di-Bundesvorstand
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