Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat erstmals in Hessen einen Tarifvertrag für diakonische Altenhilfeeinrichtungen geschlossen, der den rund 1.450 Beschäftigten deutliche Verbesserungen bringt. Die mit dem „Dienstgeberverband Diakonische Altenhilfe Hessen“ erzielte Tarifvereinbarung löst zum 1. April die kircheninternen Arbeitsvertragsrichtlinien ab. „Der Abschluss in Hessen zeigt: Kirchen und Tarifverträge – das geht“, sagte Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. Sie verwies darauf, dass auch in der Diakonie Niedersachsen seit einigen Jahren Tarifverträge bestehen, die von Arbeitgebern und Gewerkschaft regelmäßig weiterentwickelt werden. „Wenn sich kirchliche Träger auf reguläre Tarifverhandlungen einlassen, stürzt wahrlich nicht der Himmel ein.“ Für viele Menschen im Land und vor allem für Beschäftigte bei konfessionellen Trägern sei auch längst nicht mehr nachvollziehbar, weshalb es für Kirchen im Arbeitsrecht so viele Ausnahmen gebe und demokratische Prinzipien außer Kraft gesetzt seien, so Bühler.
Die vom Tarifvertrag erfassten Beschäftigten in Hessen profitieren mit kürzeren Arbeitszeiten und Entgelterhöhungen. So wird die Wochenarbeitszeit von 39 bzw. 40 Stunden schrittweise auf 38,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich verkürzt. Hinzu kommen deutlich höhere Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie bessere Arbeitsbedingungen. Insgesamt steigen die Entgelte (inklusive des Effekts der Arbeitszeitverkürzung) um durchschnittlich acht bis zehn Prozent. „Das ist ein kleiner, für die Betroffenen aber sehr wichtiger Schritt in Richtung einer finanziellen Aufwertung der Altenpflege“, sagte Bühler. „Wenn wir den wachsenden Bedarf an Arbeitskräften in der Altenpflege decken wollen, brauchen wir flächendeckend eine gute Bezahlung – unabhängig von der Trägerschaft. Das hat ja auch die neue Bundesregierung erkannt und als Ziel im Koalitionsvertrag festgeschrieben.“
Der in Hessen geschlossene Tarifvertrag sei aber noch aus einem anderen Grund bedeutend: „Die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung werden von nun an auf Augenhöhe zwischen Arbeitgebern und ver.di ausgehandelt. Die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten bestimmen selbst, welche Forderungen sie aufstellen und welche Kompromisse sie akzeptieren.“ Bislang werden die Löhne und Arbeitsbedingungen bei kirchlichen Trägern zumeist in sogenannten Arbeitsrechtlichen Kommissionen festgelegt, auf deren Entscheidungen die Beschäftigten wenig Einfluss haben. Im Zuge der Tarifverhandlungen seien mehrere hundert Diakonie-Beschäftigte in Hessen der Gewerkschaft beigetreten und hätten sich erstmals selbst für ihre Arbeitsbedingungen einsetzen können.
Bühler sieht zudem die Mitglieder der Pflegemindestlohnkommission in der Pflicht. Bei den aktuellen Beratungen in der Kommission müssten spürbare Verbesserungen für die stationäre Pflege das Ziel sein. Der Gehaltsrückstand der Alten- gegenüber der Krankenpflege müsse beseitigt werden, um eine Abwanderung von Arbeitskräften aus Pflegeheimen in Krankenhäuser zu verhindern. „Die Beschäftigten und auch die Menschen in diesem Land erwarten, dass Pflegepersonen so bezahlt werden, wie es ihren Leistungen und der Bedeutung ihrer Arbeit angemessen ist. Als die Gewerkschaft in der Pflege wird sich ver.di weiter auf allen Ebenen für dieses Ziel einsetzen.“
Richard Rother
ver.di-Bundesvorstand
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