In den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst hat ver.di erhebliche Einkommenserhöhungen für die Beschäftigten bei Bund und Kommunen durchgesetzt. Im Durchschnitt liegt der Gehaltszuwachs für 2008 bei gut 5 Prozent. In den unteren und mittleren Einkommensgruppen sogar bei sieben Prozent. Rückwirkend zum 1. Januar 2008 steigen die Einkommen um 50 Euro und anschließend linear um 3,1 Prozent. Dies gilt für alle Beschäftigten bei Bund und Kommunen in Westdeutschland. Für Beschäftigte der Kommunen in Ostdeutschland tritt die Erhöhung zum 1. April 2008 in Kraft. Zum 1. Januar 2009 steigen die Vergütungen um weitere 2,8 Prozent. Alle Beschäftigten der Entgeltgruppen 1 bis 15 bekommen zum 1. Januar 2009 eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von 225 Euro. Die Ausbildungsentgelte werden ab 1. Januar 2008 um 70 Euro erhöht. Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 24 Monate.
ver.di Vorsitzender Frank Bsirske wertete das Ergebnis als einen großen Erfolg. Es sei nicht sicher, ob nach einem längeren Streik ein besseres Ergebnis hätte erreicht werden können. Als schmerzlich bezeichnete er die längere Arbeitszeit ab 1. Juli 2008 für Beschäftigte bei den Kommunen in Westdeutschland sowie die spätere Einkommenserhöhung für Kommunalbeschäftigte in Ostdeutschland. Er rief in Erinnerung, dass die Arbeitgeber eine Verlängerung auf 40 Stunden in Westdeutschland gefordert hätten. Und selbst im Späth-Vorschlag hätte eine Arbeitszeit von 39,5 Stunden gestanden. Der ver.di Vorsitzende rief dazu auf, das Thema Arbeitszeitverkürzung bei den Kommunen in Ostdeutschland nach dem Auslaufen der Arbeitszeitregelungen Ende 2009 anzugehen und vor Ort die Voraussetzungen zu schaffen, dass das auch gelingt.
Bsirske: "Dieser Tarifabschluss liegt in beiden Jahren deutlich über der Inflationsrate. Damit gibt es seit langer Zeit mal wieder Reallohnzuwachs." ver.di fordert die zeit- und inhaltsgleiche Übernahme für die Beamtinnen und Beamte.
In den gesonderten Tarifverträgen für Krankenhäuser, Versorgungsbetriebe und den Nahverkehr gibt es besondere Regelungen. Damit wurde die ver.di-Forderung berücksichtigt, Krankenschwestern oder die Beschäftigten bei der Müllabfuhr zeitlich nicht noch stärker zu belasten.
Keine Arbeitszeitverlängerung bei den kommunalen West-Krankenhäusern
Wegen der Besonderheiten bei der Krankenhausfinanzierung wurde eine andere prozentuale Steigerung für 2008 und 2009 vereinbart. So steigen dort die Vergütungen in Westdeutschland ab 1. Januar 2008 um 50 Euro sowie anschließend um 1,6 Prozent. In Ostdeutschland gilt dies ab 1. April 2008. Ab 1. Januar 2009 werden die Vergütungen dann um 4,3 Prozent angehoben. ver.di konnte die kommunalen West-Krankenhäuser aus der Arbeitszeitverlängerung heraushalten. Dafür wird das Leistungsentgelt um 1 Prozent und die monatliche Zulage um zehn Euro vermindert. Diese Reglung gilt nicht für Baden-Württemberg, dort bleibt es bei der 39 Stunden Woche.
TV-V: Länger arbeiten für mehr Geld
Die Vergütungen für Beschäftigte in Versorgungsbetrieben steigen in 2008 und 2009 ausschließlich linear. Ab 1. Januar 2008 um 5,1 Prozent und ab 1. Januar 2009 um 3,55 Prozent. Damit wird die moderate Arbeitszeitverlängerung finanziell ausgeglichen. Die Arbeitszeit für Beschäftigte in Versorgungsbetrieben beträgt ab dem 1. Juli 2008 in der Regel 39 Stunden. Für die versorgungs- und entsorgungstypischen Tätigkeiten im Wechselschichtdienst und Schichtdienst gibt es ab dem 1. April 2008 eine Wechselschichtzulage von monatlich 200 Euro und eine Schichtzulage von monatlich 130 Euro. Ab 1. Januar 2010 werden diese Zulagen dynamisiert.
Forderungen beschlossen!
Die ver.di-Bundestarifkommission hat unter Beteiligung von GEW und GdP parallel zum Deutschen Beamtenbund die Forderung für die Tarifrunde des öffentlichen Dienstes 2008 beschlossen:
Eine lineare Erhöhung der Entgelte um 8 Prozent, mindestens jedoch 200 Euro, bei einer Laufzeit von 12 Monaten für die rund 1,3 Millionen Tarifbeschäftigten bei Bund und Kommunen. Die Ausbildungsvergütungen sollen um 120 Euro angehoben werden. ver.di-Chef Bsirske wies darauf hin, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes lange Zeit nun Verzicht geleistet hätten. Seit Jahren gäbe es steigende Preise und sinkende Kaufkraft. Jetzt müssten die Weichen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gestellt und ein spürbarer Anstieg der Gehälter erzielt werden.
Die Lohnschere zur Privatwirtschaft müsse geringer werden. Auch die Beschäftigten des öffentliches Dienstes müssten einen Anteil am Aufschwung erhalten. Mit der Forderung sei ein klares Signal gesetzt worden.
Erste Verhandlungsrunde am 10./11. Januar 2008
Die erste Runde der Tarifverhandlungen wurde am 10. Januar um 14 Uhr in Potsdam aufgenommen und am Freitag, dem 11. Januar fortgesetzt. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske machte bei diesem Verhandlungsauftakt deutlich, dass nach mehrjährigen Reallohnverlusten ein spürbarer und nachhaltiger Anstieg der Einkommen mit einer deutlichen sozialen Komponente folgen müsse. "Rosstäuschereien" nach der Methode "linke Tasche rein - rechte Tasche raus" seien mit ver.di nicht zu machen. Höhere Einkommen dürften nicht mit längerer Arbeitszeit und Leistungsentgelten für Wenige kompensiert werden.
Zweite Verhandlungsrunde am 24. Januar 2008
Beim "Angebot" der Arbeitgeber würden die Beschäftigten noch draufzahlen
Einen „Ackergaul als Rennpferd“ verkaufen zu wollen – "auf Pferdemärkten hat man das noch Rosstäuscherei genannt“. So kommentierte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske das „Angebot“ der Arbeitgeber von Bund und Kommunen: Sie hatten ihren Vorschlag auf "fünf Prozent" beziffert.
Ein näherer Blick offenbart schnell den durchsichtigen Trick: Die Zahl soll der Öffentlichkeit imponieren, aber tatsächlich stünden die Beschäftigten damit Ende 2009 schlechter da als heute. Denn die von den Arbeitgebern vorgeschlagenen
2,5 Prozent zum 1. Februar 2008,
1,0 Prozent zum 1. Oktober 2008 und
0,5 Prozent zum 1. März 2009
summieren sich bei der von ihnen angestrebten Laufzeit von 24 Monaten auf gerade mal
2,5 Prozent mehr im Jahre 2008 und
0,4 Prozent mehr im Jahre 2009.
Diesen minimalen Anstieg sollen die Beschäftigten bei Bund und Kommunen nicht nur selbst finanzieren, sondern dabei sogar noch draufzahlen. Denn die Arbeitgeber wollen die Wochenarbeitszeit
ab 1. Juli 2008 auf 39,5 Stunden und
ab 1. Januar 2009 auf 40 Stunden
erhöhen.
Die angeblichen fünf Prozent reduzieren sich weiter dadurch, dass für 2008 und 2009 jeweils 0,5 Prozent auf ein höheres Volumen für das Leistungsentgelt entfallen sollen – eine Zahlung, die nicht allen Beschäftigten zugute käme.
Eine soziale Komponente, wie ver.di sie fordert, kommt im Angebot der Arbeitgeber gar nicht vor. Kein Wort auch zur Frage der Fortgeltung von Ansprüchen auf Bewährungsaufstiege und Vergütungsgruppenzulagen, die geregelt werden müssen, solange es für Bund und Kommunen noch keine neue Entgeltordnung gibt.
Zudem sollen den Beschäftigten der Krankenhäuser die im Jahre 2006 vereinbarten 35 Euro pro Monat von einem Einkommensanstieg abgezogen werden.
Am 11./12. Februar folgt die dritte Runde, wieder in Potsdam. Dann wird die ver.di-Bundestarifkommission den Verhandlungsstand bewerten und über weitere Schritte entscheiden.
Vierte Verhandlungsrunde am 25. und 26. Februar:
Auch in der vierten Verhandlungsrunde bewegten sich die Arbeitgeber nicht. Wie schon in der dritten Runde am 11./12. Februar wurde kein neues Angebot vorgelegt.
ver.di wird deshalb die Warnstreiks in der kommenden Woche ausweiten und sowohl die Anzahl der Warnstreikenden als auch der betroffenen Betriebe erhöhen.
Die Arbeitgeber werden aufgefordert, in der anstehenden fünften Runde am 6./7. März ein verbessertes Angebot vorzulegen.
Fünfte Verhandlungsrunde am 7. und 8. März:
Die Tarifverhandlungen scheitern in den Vormittagsstunden des 8. März, nachdem die Arbeitgeber für die Verhandlungen nicht akzeptable Vorbedingungen gestellt hatten.
Die Arbeitgeber riefen umgehend die Schlichtung an.
Neuer Verhandlungstermin nach dem Schlichtungsverfahren soll der 29. März sein.
Die Termine der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst:
10./11. Januar 2008, 24. Januar 2008, 11./12. Februar 2008, 25./26. Februar 2008, 6./7. März 2008, alle in Potsdam.
Schlichtung ohne Einigung
Die Schlichtung für den öffentlichen Dienst ist am Donnerstag (27.03.) ohne Einigung zu Ende gegangen. Gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter hat der Schlichter der Arbeitgeber, Lothar Späth, seinen Schlichterspruch vorgestellt.
Die Bundestarifkommission wird über diesen Schlichterspruch beraten und ihn bewerten. Am Samstag (29.03.) werden dann die Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgebern fortgesetzt.