Resolution: Sozialstaat und gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern

Keine Kürzungen im Bundeshaushalt für Soziales, Gesundheit und Bildung
07.11.2023

Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Deutschland, der Paritätische, die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland sowie die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di lehnen die Kürzungspläne im vorgelegten Haushaltsentwurf der Bundesregierung ab. Sie sind nicht zukunftsgerecht, sondern wirtschaftlich und sozial schädlich.

Statt milliardenschwerer Einsparungen sind die Rücknahme der Kürzungsvorschläge zum Haushaltsentwurf und mindestens eine zeitlich befristete Aussetzung der Schuldenbremse erforderlich.

Die Umsetzung der Kürzungspläne trifft den Sozialstaat und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gerade jetzt benötigt unsere Demokratie einen starken Sozialstaat. Die Wohlfahrtsverbände und ihre Einrichtungen sind dabei eine tragende Säule, die nicht ins Wanken geraten darf. Das wird aber geschehen, wenn die drastischen Kürzungen im Sozial- und Gesundheitswesen und der Bildung beschlossen und umgesetzt würden. Eine aktuelle Umfrage unter Wohlfahrtseinrichtungen zeigt, dass angesichts der massiven Kostensteigerungen bereits jetzt rund 40 Prozent ihre Leistungen finanziell bedingt einschränken oder ganz einstellen mussten. Dabei braucht es gerade in diesen kritischen Zeiten einen Ausbau der sozialen Infrastruktur und entsprechende Investitionen, die sinnvollerweise über eine öffentliche Kreditaufnahme erfolgen.

Der vorgelegte Haushaltsentwurf hätte jedoch dramatische Folgen für die soziale Infrastruktur. Die Kürzungen würden Mittel der Bundeszentrale für politische Bildung, des Kinder- und Jugendplans, der Freiwilligendienste, der Migrationsberatung, der bundesweiten, behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung und des Bundesprogramms für Psychosoziale Zentren treffen. In der Folge fielen z.B. wichtige Hilfen in Kitas, Schulen oder Sport weg, betroffen wären traumatisierte oder unterstützungsbedürftige Menschen. Doch gerade jetzt ist es geboten, dass diese gesellschaftlich wertvolle Arbeit mit mehr statt weniger Geld ausgestattet wird. Dass mit den Kürzungen auch gerade bei der politischen Bildung gespart werden soll, ist angesichts der wachsenden Demokratieskepsis und autoritären Diskurse geradezu fahrlässig.

Es ist zudem paradox, dass die Bundesregierung einerseits Anstrengungen unternimmt, um dem Arbeitskräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken, indem u.a. die Einwanderung von Fachkräften gefördert und erleichtert werden soll. Aber andererseits will sie die Mittel für Maßnahmen einer notwendigen und gelingenden Integration massiv kürzen. Bereits jetzt steigen Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege aus der Beratung aus, die ohnehin unterfinanziert ist. Das wird sich u.a. auf die Integrationsfähigkeit des Arbeitsmarkts auswirken. Darüber hinaus wirken sich die Kürzungen aus auf die Unterstützung, um den Zugang zu Kitas und Schulen zu ermöglichen, Sprach- und Integrationskurse und andere grundlegende Angebote durch Beratungseinrichtungen.

Die vorgesehenen Sparmaßnahmen gingen auch zu Lasten der Beschäftigten in den betroffenen Feldern. Die Beschäftigten brauchen jetzt eigentlich ein starkes, unterstützendes Signal. Arbeitskräftemangel und sinkende Mittel sind überall massiv spürbar. Angesichts des bereits dramatischen Fachkräftemangels müssen Soziale, Bildungs- und Gesundheitsberufe dringend attraktiver werden. Die Pläne der Bundesregierung würden das Gegenteil bewirken – dazu darf es nicht kommen!

Die Unterzeichner*innen fordern die Mitglieder des Bundestages auf, die Vorschläge der Bundesregierung zu korrigieren! Angesichts der vielen Katastrophen und Krisen weltweit und der immensen Herausforderungen in Deutschland wäre zumindest eine befristete Aussetzung der Schuldenbremse angezeigt. Die Bedürfnisse der Menschen in unserem Land müssen im Mittelpunkt stehen, um den Sozialstaat und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern. Dazu leisten wir als Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaft unseren Beitrag. Der Bundestag muss den notwendigen gesetzlichen bzw. finanziellen Rahmen der Arbeit der Wohlfahrtseinrichtungen sicherstellen.

  • Kathrin Sonnenholzner und Michael Groß, Vorsitzende des Präsidiums AWO Bundesverband e.V.
  • Gerda Hasselfeldt, Präsidentin Deutsches Rotes Kreuz e.V.
  • Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland
  • Professor Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender Der Paritätische Gesamtverband e.V.
  • Abraham Lehrer, Präsident Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V.
  • Frank Werneke, Vorsitzender Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di