Ein Arbeitgeberverband ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Arbeitgebern. Die durch das Grundgesetz geschützte Koalitionsfreiheit für die Beschäftigten, sich in Gewerkschaften zu organisieren, findet im Zusammenschluss von Arbeitgebern zu eigenen Verbänden ihre Entsprechung. Beide stellen einen Ordnungsfaktor bei der Durchsetzung der jeweiligen Interessen dar, in dem sie Interessen formulieren und organisieren.
Der Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD) gründete sich im Jahr 1996. Vorausgegangen war ein Arbeitskreis der „Top Ten“, die Runde der Lei-tungen der zehn größten diakonischen Einrichtungen der Bundesrepublik. Als Ver-band der diakonischen Träger steht der VdDD außerhalb der Strukturen der Diako-nie. Als Berufsverband ist er nicht gemeinnützig und kann daher nicht Mitglied des DW der EKD werden, ohne dessen Gemeinnützigkeit zu gefährden. Deshalb gründete der VdDD eine gemeinnützige Tochter, den Bundesverband diakonischer Einrichtungsträger V3D gGmbH, der als ein so genannter Fachverband Mitglied im Diakonischen Werk ist.
Mit dem VdDD hat sich nach eigenem Verständnis eine „Unternehmensdiakonie“ gegründet, die sich durch die offizielle Verbandspolitik des DW der EKD nicht mehr vertreten gefühlt hat, nun ihre eigenen unternehmerischen Ziele besser organi-sieren und auch innerhalb des DW der EKD vertreten will. Der VdDD trat der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BdA) bei.
Nach eigenen Angaben vertritt der VdDD inzwischen rund 130 Einrichtungen und Träger sowie regionale Dienstgeberverbände mit etwa 250.000 Beschäftigten. Der VdDD als Bundesverband begreift sich nach eigenem Bekunden als „Vereinigung von Unternehmen, die sich als handelnde Kirche verstehen“. Für den VdDD ist dabei der so genannte „Dritte Weg“ ohne Streikrecht und Koalitionsfreiheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Wettbewerbsvorteil.
Die inhaltlichen Vorstellungen des VdDD zur „Reform“ des kirchlichen Arbeits-rechts stützen sich auf demnach auf die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit nahezu ausschließlich durch Senkung der Personalkosten, auf die Einführung der leistungsbezogenen Vergütung mit Modellen einer subjektiven Leis-tungsbeurteilung durch die Vorgesetzten sowie auf die Flexibilisierung des Arbeitsrechts durch betriebliche Öffnungsklauseln. Desweiteren schweben dem VdDD Branchenregelungen und regionale Differenzierungen statt Flächentarife vor, einWahlrecht für diakonische Einrichtungen in Bezug auf die anzuwendenden Tarife sowie die „Dienstgemeinschaft“ als handlungsleitendes Bild für alle Mitarbeiter. Das inhaltliche Profil des VdDD entspricht damit dem alten Vorsteherprinzip einer diakonischen Einrichtung, der in patriarchalischer Art entscheidet, was für seine Mitarbeiter gut ist und was nicht.
Seit seiner Gründung übt der VdDD zudem gezielt Einfluss auf die Arbeitrechtlichen Kommissionen (ARK) aus, etwa in dem versucht wurde, durch eine Änderung der der Wahlordnung für die Arbeitnehmervertreter ihm genehme Vertreter in der Kommission zu installieren.
Die Arbeitnehmervertreter in den ARKen erfahren die VdDD-Vertreter zunehmend als Hardliner. Das Diakonische Werk gehört unter den Wohlfahrtsverbänden zu den Organisationen, die das Niveau des TVöD und der Sozialbranche flächenmäßig am meisten unterschritten haben. Zunehmend sind die Vertreter des Diakonischen Werkes dem Vorwurf des Lohndumpings ausgesetzt. Bei der Einführung des Pflegemindestlohns etwa verhinderte der VdDD als einziger Wohlfahrtsverband zusammen mit dem privaten Arbeitgeberverband höhere Mindestentgelte. Auch wird vom VdDD das Urteil des Kirchengerichtshofs vom 9.Oktober 2006 zum Verbot des auf Dauer angelegten Einsatzes von Leiharbeitnehmern scharf kritisiert. Zeitarbeit sei demnach ein „notwendiger Bestandteil diakonischer Personalwirtschaft“. Dabei erwarten die VdDD-Einrichtungsleitungen, dass ihnen auch die Mitarbeiter von (privaten) Perso-nalservicefirmen Loyalität schuldeten, da die Dienstgemeinschaft kein arbeitsrechtliches sondern ein theologisches Prinzip sei.
Trotz des Auftretens als Arbeitgeberverband lehnt der VdDD nicht nur Tarifverträge ab, sondern bestreitet auch Koalitionsfreiheit und Streikrecht für die Diakonie-Beschäftigten. Folgte man der Argumentation des VdDD würden in Deutschland 1,5 Millionen Beschäftigten der Kirchen maßgebliche Grundrechte vorenthalten.
Erhard Schleitzer/Jan Jurczyk (red. Bearbeitung)
Literatur: Praxis der Mitarbeitervertretung von A bis Z, Erhard Schleitzer u.a., Frankfurt/M., 3. Auflage, 2011